Rio de Janeiro - Sommer, Sonne, Strand, Wellen, Meer, Samba und vieles mehr...
So oder so ähnlich existierte Rio in meiner Vorstellung, bis ich zum ersten mal in meinem Leben einen Fuß auf den südamerikanischen Kontinent, im bra-silianischen Rio de Janeiro, gesetzt habe. Eine quirlige Weltmetropole voller Leben, unendlichen Eindrücken und Möglichkeiten, die Sonne zeigte sich allerdings nur kaum...
reisebericht brasilien rio de janeiro
18 Stunden Reisezeit - von Hamburg über Amsterdam nach Rio de Janeiro bis zum internationalen Flughafen Janeiro-Antônio Carlos Jobim in Rio de Janeiro - liegen vor mir, die 5 Stunden Zeitverschiebung nicht zu vergessen. Eigentlich lande ich um 20 Uhr Ortszeit, allerdings ist das dann bereits 1 Uhr nachts in Hamburg.
Es ist warm, über 20 Grad Celsius mitten in der Nacht, und es ist Winter auf der Südhalbkugel. Trotzdem ist es wärmer als im Hamburger Sommer, ein lauer wolkenloser Abend und ich bin ein bisschen neidisch!
Das öffentliche Taxi fährt mich für ca. 90 Real vom Flughafen bis an die Copacabana in mein Hotel, kein Palast, dafür aber ein vertretbarer Preis und eine gute Lage.
Ich kann es noch nicht so ganz fassen, ich bin gerade um die halbe Welt geflogen, mehr als 12.000 km und bin schon wieder auf dem selben Breitengrad gelandet, dieses mal allerdings nicht im afrikanischen Namibia.
Natürlich bin ich auch dieses Mal nicht planlos in den Flieger gestiegen, sondern habe mich vorher breit informiert, insbesondere da ich auch nur 3 Tage zu meiner eigenen Verfügung habe. In das Zeitfenster soll natürlich das komplette Standardtouriprogramm, das Alternativprogramm und natürlich jedem Menge Fotografie passen (nicht unbedingt sehr realistisch).
Ich steige erst mal langsam mit einem Lonely Planet Reiseführer von Rio de Janeiro ein, eine klare Kaufempfehlung. Nach ein wenig stöbern ist bereits klar, es ist nicht so gefährlich, wie in der öffentlichen Meinung dargestellt. Natürlich ist Rio nicht Singapur, aber mit ein wenig gesundem Menschenverstand sollte es keine Probleme geben.
So habe ich auch gleich eine Fafelatour in Rocinha gebucht, eine meiner schönsten und nachhaltigsten Erfahrungen in Rio. Die Sicherheitslage Vorort ist besser als gedacht, allerdings sagen auch alle Einheimischen - schönreden bringt auch nichts, hier passieren Dinge und Du weißt nicht wann und wo.
Wie in den meisten Städten gibt es einfach Gegenden, in denen man allein als Tourist nichts zu suchen hat, wie z.B. die meisten Favelas. Dann gibt es Gegenden in denen man in einer Gruppe oder mit einem Einheimischen keine Probleme hat. Ein Gefühl dafür hat man sehr schnell raus, oder man fragt einfach, und daran sollte man sich strikt halten.
Passieren kann im Zweifel immer etwas, d.h. aber nicht das man Angst um Leibe oder Leben haben sollte. Nein, ihr rückt einfach das bisschen Bargeld in eurer Hosentasche (max. 100 Real) raus.
Wer keine offensichtlichen Wertgegenstände wie Uhren, Schmuck, Kamera oder Handy allein mit sich rum trägt, der wird wahrscheinlich auch keine Probleme haben.
Mir ist jedenfalls nichts passiert und ich bin auch nachts den ein oder anderen Weg allein zu Fuß gegangen - Vorsicht ist hier aber besser als Nachsicht.
Weiter in der Recherche, nachdem ich mir viele Punkte vorab ausgesucht habe und ich in Rio hin und wieder eines Besseren belehrt wurde, verbleibt folgende persönliche Top 10 Liste für Rio de Janeiro:
1. Christo Redentor - Christusstatue
2. Zuckerhut
3. Favela Rocinha
4. Parque Lage
5. Escadaria Selarón in Santa Teresa/Lapa
6. Strandspaziergänge und Strandleben Copacabana, Ipanema und Leblon
7. Innenstadttour mit Kathedrale, Aquädukt Lapa, Museum der Zukunft und
den Wandmalereien von Eduardo Kobra
8. Sambaabend in einem der traditionellen Sambaclubs in Lapa
9. Estádio do Maracanã Fußballstadion
10. Museu de Arte Contemporânea in Niteroi
Fotografieren in Rio ist eine Herausforderung und ich finde schnell heraus, die interessanten Plätze wie die Christustatue, der Zuckerhut, das Museum of Tomorrow oder das Museum in Niteroi liegen einfach zu weit auseinander, als das ich die Plätze allein mit dem Taxi an einem Tag abfahren kann.
Also habe ich mich vorab auf die Suche nach einem Guide begeben und bin im Internet relativ schnell auf Daniel Crabal gestoßen. Irgendwie war alles easy mit Daniel, auch deshalb habe ich mich kurzerhand entschlossen eine Tagestour mit ihm allein zu buchen. Nach ein paar Mails war klar, welche Punkte ich gern ansteuern möchte und das es primär um Fotografie (dicke Kamera und Stativ auf Rio`s Straßen) geht.
Das ganze ist kein Schnäppchen, allerdings noch fair, wenn man bedenkt das Daniel nur mich mit seinem Auto den ganzen Tag durch die Gegend kutschiert.
Es ist Freitag morgen (genau 05.30) als Daniel mich abholt. Ich möchte gern den Sonnenaufgang von einem Punkt unweit der Christus Statue fotografieren, danach soll es dann zum Christus selbst gehen, aber vor 8 Uhr bleibt das Eingangstor geschlossen.
Soweit der Plan, die Realität sieht anders aus. Seit meiner Ankunft vor drei Tagen habe ich die Sonne nicht mehr gesehen, dicke Wolken liegen tief über der Stadt - es scheint fast so, als wollen sie bis auf den Boden absacken. Nebenbei regnet es auch noch nicht zu knapp und die Temperatur ist auf unter 20 Grad gefallen, kurzum brasilianische Winter. Nebenbei bemerkt, Winter gibt es genau eine Woche in Rio, perfect timing nenne ich das...
Nicht die besten Voraussetzungen für eine Ganztagesstadttour. Der Sonnen-aufgangsspot und die Christus Statue werden aus Sichtgründen kurzerhand gestrichen und Daniel sucht verzweifelt nach Alternativen.
Ich versuche weiter gute Laune zu bewahren, hey Du kannst das Wetter nicht planen! Da fliege ich um die halbe Welt und erwische die einzige miese Winterwoche in Rio und kann die geplanten und recherchierten Fotos nicht umsetzen, meine Laune sackt massiv ins Bodenlose...
Daniel ist Vollprofi, findet schnell Alternativen und hat binnen einer Stunde begriffen, was ich eigentlich brauche für die Langzeitbelichtungsfotografie. Auch ich fange langsam wieder an mich zu entspannen, irgendwie passt die unaufgeregte und subtile Langzeitbelichtung besser zu mir als klassische Urlaubsfotos.
Was will ich ohne Wolken und harter Sonne am Himmel. Jedem sein typischer Style...
Nebenbei führt Daniel mich zu interessanten Plätzen, auf die ich selbst im Leben nicht gekommen wäre, wie z.B. den Wandmalereien von Eduardo Kobra zu den olympischen Spielen, oder einer großartigen verfallenen Villa in Santa Teresa, die perfekt als Aussichtspunkt geeignet ist und dem Parque Lage am Fuße der Christus Statue, eher einem Treffpunkt für Einheimische.
Der Tag vergeht wie im Flug, Rio hat wirklich viel zu bieten und ich bin mehr als froh mit Daniel unterwegs zu sein. Ich brauche ich mir keine Gedanken zu machen, ob es OK ist die Kamera aufzubauen - Daniel sagt einfach ja oder nein.
Am späten Nachmittag sind noch der Zuckerhut (den mache ich dann allein) und die Christus Satue offen geblieben. Nicht das ich in den vergangenen Tagen nicht schon mal den Versuch zur Christus Statue gewagt habe, allerdings bin ich dort nur bis auf die Unterhose nass geworden und habe bis auf den Christus nichts gesehen.
Alle guten Dinge sind drei und deshalb vereinbare ich mit Daniel einen weiteren Versuch am kommenden Morgen, wenn das Wetter mitspielt...
Morgens um sechs klingelt mein Handywecker und wenige Minuten später kommt die Whats App von Daniel, das Wetter ist gut, er ist auf dem Weg und holt mich um sieben ab. Ich bin happy, vielleicht soll es doch noch etwas werden mit der spektakulären Aussicht? Aufgeben ist keine Option für mich, ich probiere und probiere so lange ich kann...
Während der Fahrt auf den Berg und durch den Regenwald im Nationalpark umschließen uns immer wieder dicke Woken, die Sicht ist quasi null und meine Hoffnung schwindet langsam.
Auch an der Basisplattform, ab hier fahren nur noch Busse des Nationalparks, ist die Statue von Wolken verhangen und nicht zu sehen. Egal - als erster rein in den Minibus und hoch bis zum Ziel.
Da ist sie die Christus Statue, es ist sonnig und perfekte Wolken ziehen am Himmel. Der Ausblick von der Plattform ist spektakulär, Wolken-schleier hängen zäh an den umliegenden Bergen, der Blick auf die Stadt Rio de Janeiro ist aber weitestgehend frei, während die Rückseite des Berges vollständig in Wolken verhüllt bleibt. Glück muss man haben!
Ich genieße die Ruhe und Einsamkeit erste halbe Stunde, bevor sich die Plattform spontan vollständig mit Menschen füllt. Nach einer Stunde müssen wir schon wieder los, damit ich die Tour in der Favela Rocinha nicht verpasse. Für mich gibt es hier jetzt eh nichts mehr zu holen, ich präferiere die Ruhe und Einsamkeit - nicht ganz einfach in einer Weltmetropole, es sei denn man ist früh auf den Beinen...
Zum Zuckerhut fahre ich allein mit dem Taxi, das Wetter bleibt weiterhin unberechenbar und bereits in der Seilbahn beginnt es erneut zu regnen. Trotzdem ist es nicht leer, ganz im Gegenteil und ich darf mich sogar mehrfach in der Schlange in Geduld üben. Ich möchte nicht wissen, was hier in der Saison und bei gutem Wetter los ist.
Daniel hat mich schon vorgewarnt, dass ich bei Sonnenschein gut zwei Stunden vor Sonnenuntergang da sein soll, um noch einen guten Platz zu bekommen. Das Problem stellt sich bei dem Wetter zum Glück nicht.
Die Kulisse ist trotzdem beeindruckend, egal wie das Wetter ist und mir persönlich gefallen die nebelartigen Wolken zwischen den Bergen besonders gut. Ein Bild das sich so nicht alle Tage bietet.
Den Abend verbringe ich in Lapa, dem Szenepartyviertel von Rio und wohl dem einzigen Stadtteil der Nachts sicherer ist als tagsüber. Dennoch sollte man als Tourist nicht allein hierher kommen, in einer Gruppe ist man hingegen sicher.
Wir bevölkern einen der traditionellen Sambaclubs mit Live Musik, Essen etwas, trinken ein paar Caipirinha`s und natürlich Cachaca Shots, tanzen ein bisschen und so langsam spüre ich den Rhythmus Rio`s. Hier trifft sich jung und alt, arm und reich, dick und dünn, weiß und schwarz - Samba, dass ist das was zählt und die Menschen zusammenhält.
Den kommenden Vormittag verbringe ich an den Stränden der Copacabana, Ipanema und Leblon. Vier Stunden lasse ich mich über die Promenade treiben und schaue mir das Schauspiel an den einzelnen Strandabschnitten an. Zu meiner Rechten Seite schiebt sich der Halbmarathon unaufhaltsam an mir vorbei.
Am Abend tauche ich dann noch ein letztes Mal in die Barszene ein, genieße den easy way of live, bevor es wieder in Den Flieger ins graue Hamburg geht.
Rio de Janeiro ist eine tolle Adresse und immer eine Reise wert, ohne Guide und ohne Portugiesisch- oder zumindest Spanischkenntnisse ergeben sich überwindbare Kommunikationsprobleme. Wer Brasilien weiter auf eigene Faust bereisen möchte, der sollte schon tiefere Sprachkenntnisse vorweisen.
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Im August 2017 hatte ich die Möglichkeit ein paar Tage nach Rio de Janeiro, zu fahren. Eine willkommene Abwechslung, insbesondere da es für mich die erste Station in Brasilien und auch in Lateinamerika ist...
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wrBEIRqX (Montag, 19 September 2022 18:31)
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wrBEIRqX (Montag, 19 September 2022 19:56)
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mario (Dienstag, 15 Oktober 2024 01:34)
Brasilien – das klingt nach Abenteuer, unberührter Natur, traumhaften Stränden und pulsierenden Metropolen. Ich träume schon lange davon, dieses faszinierende Land zu bereisen. Doch so sehr mich die Sehnsucht nach Brasilien packt, genauso sehr macht mir die lange Anreise Kummer.
Alles, was länger als zwei Stunden dauert, bringt mich an meine Grenzen. Nach dieser Zeit werde ich auf einem Flug unruhig und zappelig. Der Gedanke, fast 12 Stunden eingezwängt in einem Flugzeugsitz zu verbringen, lässt meinen Enthusiasmus schnell abkühlen. Wie soll man da entspannt in den Urlaub starten?
Aber vielleicht muss ich mich einfach überwinden. Schließlich, so sagt man, liegt der wahre Reichtum oft am Ende der Komfortzone. Wer weiß, vielleicht werde ich am Ende mit unvergesslichen Momenten und einer Reise belohnt, die alle Strapazen übertrifft.