Gegen neun Uhr morgens werden wir von Lüderitz Safaris in unserem B&B - der Alten Lodge abgeholt, übrigens ein sehr empfehlenswerter Ort, um in Lüderitz zu übernachten.
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Mit zwei Fahrzeugen geht es zum Richtung Rotkop Gate, dem zur Zeit einzigen Eingang in das Diamantensperrgebiet für Touristen. Nach dem Vorzeigen der vorher beantragten Genehmigungen dürfen wir ohne weitere Sicherheitskontrollen das Tor passieren.
In der typisch unwirklichen und lebensfeindlichen Umgebung der Namib Wüste aus Sand, Sand und nochmals Sand bewegen wir uns über Sandpisten in Richtung unseres ersten Ziels, dem Versorgungsposten Grillenthal.
Habt ihr den ersten Teil des Blogs zum Diamantensperrgebiet verpasst, dann lest es hier nach...
Grillenthal
Grillenthal ist einer der ältesten Diamantengräbersiedlungen Namibias. Von hier aus wurden andere Diamantengräberstädte dank einer Wasserquelle mit Frischwasser versorgt.
Die Siedlung besteht aus wenigen Häuser, die Dank ihrer massiven Bauweise auch heute noch gut erhalten. In einem der Häuser werden wir von einer Sandviper begrüßt, die hier Schutz vor dem Wind und der Sonne sucht.
Langsam gewinnen wir ein Gefühl dafür, wie es sich am Ende der Welt anfühlt, wenn man diesen Begriff verwendet und wie hart die Lebensbedingungen vor rund 100 Jahren an diesem abgeschlagenen Ort gewesen sein müssen.
Ich bin so dankbar in der heutigen Zeit zu Leben, dieser Ort wäre definitiv zu hart für mich und würde mich, wie wahrscheinlich den ein oder anderen auch, über kurz oder lang in den Wahnsinn treiben.
Weiter geht es in Richtung Pomona, über einen weiteren Außenposten irgendwo im Nirgendwo. Die anderen Teilnehmer sitzen schon lange wieder in den Fahrzeugen, die feine und harte Sandstrahlung aus Sand und Wind ist eine Herausforderung, die ich überwältigt von der Szenerie und den Fotomotiven beim Fotografieren immer aufs Neue vergesse.
Am nächsten Zwischenstopp angekommen steigt die überwiegende Anzahl der Teilnehmer wenn überhaupt nur noch kurz aus. Die Sonne brennt gänzlich unbemerkt vom wolkenlosen Himmel dank des - selbst für einen Hamburger Jung - gefühlten Windes in Sturmstärke.
Die Baracken sind an diesem Ort, aufgrund ihrer Leichtbauwellblechbauweise, bereits stark zerfallen. Überall sind deutlich Anzeichen zu erkennen, wie die Natur sich ihr Territorium zurückerobert. Vogelnester finden sich in den Masten, Sanddünen bilden sich in Windrichtung hinter umherliegenden Gegenständen von Fässern und Töpfen.
Die überwiegende Zahl der Zeitzeugengegenstände ist dank des sehr trockenen Klimas und einer damit nur sehr langsam fortschreitenden Korrosion immer noch in einem guten Zustand.
Am späten Vormittag geht es weiter in Richtung Pomona, eine der bekanntesten Mienengeisterstädte. Hier wurde bereits seit 1860 nach Erz gesucht wurde, lange bevor das Vorkommen an Diamanten entdeckt. Pomona besteht aus einer Siedlung und einer wenige Kilometer entfernten Diamantenmiene.
Pomona Miene
Anhand der Ruinen der Pomona Miene gewinnen wir einen guten Eindruck, wie intensiv der Diamantenabbau zur damaligen Zeit betrieben worden ist.
Große Produktionshallen zum sieben, inklusive handbetriebener Zentrifugen und Schmalspureisenbahnschienen für den Sand An- und Abtransport lassen die Perfektion erkennen, mit der hier vorgegangen worden ist.
Der Wind der Namib sandstrahlt die Mauern der Ruinen stetig und so aggressiv, dass bei einigen Mauern der Stein nahezu ausgefräst ist und nur noch das Mörtelgerüst hervorstehen lässt.
Pomona Siedlung
Die Siedlung Pomona ist im Vergleich zu den bisherigen Zwischenstops die größte Siedlung insbesondere wegen ihrer Bedeutung für den Erzabbau der bereits vor den ersten Diamantenfunden lag.
In Pomona machen wir Rast und essen eine Kleinigkeit, sodass mir etwas mehr Zeit bleibt die Umgebung zu erkunden.
Einige der Häuser sind in einem so guten Zustand, dass sie mit wenig Aufwand wieder bewohnbar gemacht werden könnten.
Der Staat Namibia hat mittlerweile Pläne erarbeitet, wie das Diamantensperrgebiet für den Tourismus erschließbar gemacht werden kann. In naher Zukunft wird es die Möglichkeit geben auf der Bogenfelstour in einem der alten Häuser in Pomona zu übernachten.
Eine ganz besondere Erfahrung, die mir leider noch nicht zu Teil wird. Wie gern würde ich zu Sonnenauf- und untergang an diesem Ort fotografieren und welch großartige fotografische Möglichkeiten bieten sich erst in der Nacht, mit dem südlichen Sternenhimmel der Hemisphäre und der Milchstraße mit den Ruinen und Köcherbäume im Vordergrund.
Ein Traum, der noch ein bisschen auf sich warten lässt. Darüber hinaus sind weitere Konzessionen für bis zu hundert Jahre unbetretene Natur, als Wanderungen mit Übernachtungen in kleinen Camps, geplant.
Die Planungen sehe ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge im Vergleich zur touristischen Erschließung von Kolmanskuppe. Auf der einen Seite gibt es so viel unberührte Natur zu entdecken, auf der anderen Seite hinterlässt der Mensch auch immer seine Spuren und dieses unberührte Paradies wird sich verändern, hoffentlich nicht zum Schlechteren.
In einem der Häuser entdecken wir, neben diversen alten Flaschen sogar eine Ausgabe der „Neue Leipziger“ Zeitung aus dem Jahr 1939. Das aride Klima hat das Papier im Laufe der Jahre zwar vergilbt aber erstaunlicherweise kaum zersetzt.
Natürlich sitzen alle anderen Teilnehmer bereits wartend in den Fahrzeugen, um zum Bogenfels aufzubrechen nachdem die Tagestour benannt ist. Aufs Neue vergesse ich die Zeit vor Faszination...
Bogenfels
Der Bogenfels ist ein 55 m hoher und wie eine Brücke geformte Kalkfelsen an der Küste des Südatlantiks und liegt inmitten des Diamantensperrgebietes etwa 100 km südlich von Lüderitz, unserem finalen Ziel des heutigen Tages.
Nach dem Bogenfels ist auch eine verlassene Siedlung in der Nähe benannt. Hier finde ich in nur wenigen zerfallenen Häusern die für mich schönsten Fotomotive des Tages, dank des Lichts und der unterschiedlichen intensiven Wandfarben der Innenräume.
Der Sand ist tief in die Zimmer eingedrungen und die Muster des Windes im Sand zeugen von vollkommener Unberührtheit, dank den wenigen Menschen die diesen Ort besuchen.
Am heutigen Tag besuchen wir diesen Ort nur zu dritt, die 7 anderen Personen sind bereits zu erschöpft von Wind, Sand und Sonne...
Vollkommen surreal wirken diese Momente bei der Betrachtung der Fotografien heute noch auf mich, wie stille Zeitzeugen der Geschichte am anderen Ende der Welt.
Der Bogenfels ist eines der geografischen Wahrzeichen Namibias und dementsprechend viele Fotos finden sich an Plätzen des öffentlichen Lebens in Namibia, obwohl nur verhältnismäßig wenig Menschen behaupten können, dieses Wahrzeichen in Natura gesehen zu haben.
Die See ist rau an diesem Nachmittag, dank des starken Windes und die Gischt dementsprechend hoch - sand- und wassergeschwängerte Luftgemisch verbindeen sich auf der Haut zu einer dünnen und feinen Kruste.
Dennoch setze ich meinen lang gehegten Plan in die Realität um und versuche mich an einer Langzeitbelichtung des Bogenfels, vielleicht der ersten Langzeitbelichtung dieses Ortes überhaupt.
Der Wind zerrt an Kamera und Stativ und ich versuche die Vibrationen über eine Anpassung der Belichtungszeit auszugleichen. Der Preis sind stetig mehr und mehr werdende feine Wasser und Sandpartikel auf dem Filter, die ich immer wieder, mehr oder weniger erfolgreich, abwische.
Das Resultat ist eine Belichtung von 2,5 Minuten. Wie gern wäre ich den ganzen Nachmittag geblieben und hätte mir unterschiedliche Perspektiven erarbeitet, doch leider steht bereits die Rückfahrt an und so packe ich eilig und wehmütig meine Sachen, um glücklich und zufrieden in eines der Fahrzeuge zu steigen.
Zurück am Rotkop Gate entscheidet der Zufallsgenerator darüber, ob unser Fahrzeug, wir selbst oder gar beide durch eine Halle mit einem riesigen Röntgengenerator geschleust werden, um zu überprüfen, ob wir Rohdiamanten in den Schuhen oder anderorts am oder sogar im Körper versteckt haben.
Glücklicherweise bleibt uns diese Prozedur heute erspart und eine halbe Stunde später sitze ich bereits auf der Terrasse der Alten Lodge und einstigem Freimauerhaus und genieße ein eiskaltes Tafel Bier (ein lokales Bier gebraut in Swakopmund) und sacke erschöpft im Sessel von den Strapazen und Eindrücken des Tages zusammen.
Wind und Sand haben mich geschafft, aus meinen Haaren und jeder Pore meines Körpers rieselt ein unerschöpflicher Vorrat feinsten Sandes. Mein Gesicht brennt nach einem fortwährenden Sandganztagespeeling und die Haut spannt von der Sonne und dem ewig zerrenden Wind.
Zum Glück hat meine Kamera nebst Objektiv diesen Ausflug der extreme anscheinend besser überstanden als ich selbst.
Wer jetzt Blut geleckt hat und sich mit dem Thema wilder Südwesten etwas näher auseinandersetzen möchte, dem sei das Buch „Diamanten im Sand. Das wechselvolle Leben des August Stauch“ von Olga Levingson wärmstens ans Herz gelegt.
Ihr seit auf der Suche nach einem Fine Art Wildlife oder Faces Foto für Eure eigenen vier Wände, dann werdet Ihr bestimmt in meinem Shop fündig.
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wrBEIRqX (Montag, 19 September 2022 19:37)
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nane (Sonntag, 14 Januar 2024 19:50)
Wow! Toller Bericht und tolle Fotos!