Nicht immer geht alles glatt in der Fotografie, gerade bei mir nicht und das meistens in besonderen Situationen, so wie im November 2015 in der Sossuvlei in Namibia.
Eigentlich sollte ich langsam gelernt haben mein fotografisches Werkzeug zu bedienen, dennoch gibt es immer wieder Momente in denen etwas gehörig schiefgeht. Natürlich lassen sich diese Momente oftmals nur sehr schwer wiederholen – ärgerlich, lehrreich und vor allem aber Erkenntnis zur Demut und Wertschätzung des Bildes.
Bevor ich zu der, für mich persönlichen, Quintessenz des Scheiterns komme, möchte ich mit Euch eine Geschichte teilen.
Während meiner dritten Namibiareise, im November 2015, kam ich zum ersten Mal an Orte, an denen ich bereits gewesen bin.
Seit der ersten Reise nach Namibia, im September 2012, habe ich ein Bild einer der toten Bäume im Dead Vlei im Hinterkopf - die roten Dünen im Hintergrund, den getrockneten Lehm im Vordergrund und im Zenit des schwarzen Nachthimmels die Milchstraße.
Keine Frage, dass diese Aufnahme, oder vielmehr der Versuch, auf dem Programm steht. Da meine letzten Aufnahmen vom Nachthimmel schon etwas her sind, probiere ich also am Nachmittag sorgfältig alle Kameraeinstellungen - Akku- Batteriecheck für den Fernauslöser, der Belichtungszeit und des Intervalls sowie der Kameraeinstellungen Blende, Spiegelvorauslösung, Rauschunterdrückung, manuelle Fokussierung, RAW-Aufnahme und Bulb-Modus.
Gut vorbereitet geht es dann anderthalb Stunden vor Sonnenuntergang los. Die Fahrt in das Sossusvlei dauert eine Stunde, plus 15 Minuten für 1,1km Fußweg durch Tiefsand und über Dünen bis zum Ziel in das Dead Vlei.
Die verbleibenden 15 Minuten bis zum Sonnenuntergang sollten für einen Aufbau reichen, schließlich habe ich die Position und Perspektive bereits im Kopf habe. Dann heißt es schnell zurück, denn der Parkeingang schließt eine Stunde nach Sonnenuntergang (übernachten im Park streng verboten) und beim Einhalten von Regeln können die Namibianer sehr stringent sein.
Eine kleine Herausforderung stellen die letzten 5 km bis in das Sossusvlei dar, da es sich um eine Tiefsandstrecke nur für Allradfahrzeuge handelt.
Na klar haben wir einen Geländewagen - einen Toyota Hilux - und natürlich auch etwas Erfahrung im Tiefsandfahren aus den vergangenen Urlauben. Ein Paar, mit denen ich einen Cessnaflug zusammen über das Sossusvlei gemacht haben und die durch den Tiefsand des Moremi (so richtiger Tiefsand, also so richtig!) gefahren sind, haben mir erzählt, dass die Strecke total einfach ist und sie nicht mal Luft aus den Reifen hätten ablassen müssen.
OK – also eine Spazierfahrt. Das letzte Mal bin ich die Strecke auch schon gefahren und so schlimm habe ich es nicht in Erinnerung, also locker durch…
Locker durchfahren führt schnell zum Stehen auf Tiefsand, ohne Festfahren, und ist nach einjähriger Abstinenz herausfordernder als erwartet. Zusätzlich treffen wir nach ein paar hundert Meter eine Familie, die sich mit ihrem nicht geländetauglichen Fahrzeug so tief in den roten Sand eingegraben haben, dass noch nicht mal mehr die Achse zu sehen ist.
Trotz diverser Hilfsversuche reißt das Abschleppseil letztendlich und ich verspreche den besorgt schauenden Zurückbleibenden Hilfe im Sossusvlei zu suchen. Da steht bestimmt noch ein Land Cruiser oder Defender mit Spaten, High-Jacker und oder Seilwinde…
Aufgrund des Zeitverlustes und dank der unerwartet anspruchsvollen Strecke (Sand verändert sich stetig) sowie des Denkzettels der Festgefahrenen, gebe ich mehr Gas als gewollt und stelle unmittelbar fest, Sand kann so hart sein wie Stein und ein Toyota Hilux hält auch am Unterboden mehr aus als gedacht.
Am Ziel angekommen fällt, mir zum Glück direkt der gesuchte Land Rover Defender, mit Spaten und Seilwinde, ins Auge und ich bin froh und ein wenig erleichtert, dass wir nicht die Einzigen im Sossusvlei sind.
Dank des noch präsenten Schrecks beschließe ich unmittelbar, definitiv nicht als letzter zurückzufahren, denn eine Nacht im Sand und die Pein des morgendlichen Entdecktwerdens erscheint mir wenig aussichtsreich.
Also geht es flott 1,1 km durch den Tiefsand, zu meiner Beruhigung sind die Besitzer des Defenders - ein französisches Fernsehteam - auch im Dead Vlei und Filmen noch mit dem letzten Tageslicht – demnach werden wir nicht die Letzten sein.
Schnell baue ich die Kamera auf, lege noch einen Zettel mit der Aufschrift – Scientific work, please do not touch - unter das Stativ, wobei über Nacht sowieso niemand in das Sossusvlei fahren kann und ich am nächsten Morgen mit der sechs Uhr Tour der erste im Dead Vlei sein werde.
Vielmehr hoffe ich, dass über Nacht kein Oryx, keine Schlange oder anderes Tier Gefallen an meiner Kamera findet und Sand und Wind ihr bis zum Morgen nicht zu sehr zusetzen.
Zufrieden geht es im Eilschritt in Richtung Geländewagen, die letzten mit uns Verbliebenen starten auch gerade Ihre Wagen und wir verlassen gemeinsam das Sossusvlei mit dem letzten Tageslicht. Diesmal stellt die Tiefsandstrecke keine Herausforderung mehr dar, eine Sandpiste ohne Zwischenfälle und ich habe mein Gefühl für das Tiefsandfahren wiedergefunden.
Auf festem Untergrund angekommen, trifft es mich wie der Blitz ich habe den ISO-Wert nicht von 100 auf 3.200 heraufgesetzt. All die Mühe vergebens, zumindest unter fotografischen Gesichtspunkten, die Kamera wird keine Milchstraßenaufnahmen aufnehmen, sondern ausschließlich schwarze und weiße Bilder.
Am nächsten Morgen habe ich die Gewissheit, außer einer Aufnahme am Abend und eine Aufnahme am Morgen sind alle Bilder schwarz, bzw. weiß – dafür halte ich meine Kamera unbeschadet und glücklich in den Händen - laufe die zurückgelegten 1,1 km wieder zurück, um dann mehrere hundert Meter eine Düne zu erklimmen und beim ersten Morgenlicht, vollkommen durchgeschwitzt und mit rotem Kopf, weiter zu fotografieren.
Natürlich könnte ich mich schwarz ärgern, die einmalige Gelegenheit einer Milchstraßenaufnahme verpasst ist zu haben und das aufgrund der eignen Unzulänglichkeit.
Irgendwie lassen mir die entgangenen Aufnahmen meine geglückten Aufnahmen wie ein Geschenk erscheinen. Neben einem selbst als Person und limitierendem Faktor, hält die Fotografie einen quasi unendlichen Vorrat unbeeinflussbarer Parameter bereit. Umso mehr ist natürlich darauf zu achten, die beeinflussbaren Faktoren im Griff zu haben.
Dafür hat sich die nicht existente Aufnahme umso mehr in meine Erinnerung eingebrannt und erscheint mir realer als so manche real existierende Aufnahme.
Dank dieses und anderen Scheiterns bin ich umso dankbarer über geglückte Aufnahmen und nehme die Erkenntnis an - bei vielen Fotos handelt es sich um einmalige, zumindest sehr schwer reprodutierbare, Gelegenheiten und Momente (z.B. weil das Wetter nicht mitspielt oder ich nicht mehr zur selben Zeit am selben Ort sein kann, oder weil sich die Umgebung einfach stetig verändert).
Gerade auf Reisen abseits der "normalen" Touristenpfade, die immer mit viel Planung, verbunden sind - insbesondere beim ersten Besuch - ist jedes gute Foto ein Geschenk.
Deswegen kann und möchte ich mich nicht über verpasste Gelegenheiten beschweren. Gerade am Morgen des besagten Tages habe ich eine atemberaubende Heißluftballonfahrt am Dünenrand der Sossusvlei erleben dürfen - der Vortagesflug wurde aufgrund von Wind abgesagt.
Auch der Cessnaflug von Swakopmund bis in die Sossusvlei verlief trotz Sandsturm und Funkausfall reibungslos.
Reisen und die Fotografie sind wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie was man bekommt und dennoch bin ich immer glücklich und zufrieden (zumindest im Nachhinein). Ja ich bin mir durchaus
bewusst, dass dieses Zitat abgedroschen ist, dennoch passt es wie die Faust auf das Auge...
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